Samstag, 8. Dezember 2012

Das letzte Wort fällt nicht

"Wer nicht an Gott glaubt, der glaubt doch an etwas anderes, ob er dies nun wahrhaben will oder nicht." Es ist erstaunlich, wenn sich religiöse Menschen gerade dieses Arguments bedienen, um ihren Glauben zu rechtfertigen, suggeriert es doch, dass die Religion dem Menschen dazu dient, sein metaphysisches Bedürfnis zu befriedigen, ein Bedürfnis, das eben auch anders befriedigt werden könnte. Damit ist die Wahrheit, die eine Religion verkündet, immer schon relativiert. Kann man an etwas glauben, von dem man weiß, dass es kontingent ist?

Wir wissen nie endgültig, wie jemand über uns denkt, was er fühlt, wenn er in unsere Augen schaut oder den Klang unserer Stimme hört; und ebenso unterliegen auch unsere Urteile und Empfindungen einem beständigen Wechsel. Das letzte Wort fällt nicht, das Rätsel dieses Lebens bleibt unaufgelöst. Gerade diese strukturelle Ungewissheit darüber, wie es mit unseren Beziehungen wirklich steht, verleiht ihnen einen ewig sich verjüngenden Reiz. Sich damit abzufinden, ein schlechter Mensch zu sein, heißt vielleicht, diese Ungewissheit gegen eine schlechte Gewissheit einzutauschen. Es scheint überhaupt nur schlechte Gewissheiten zu geben.


Der Mensch ist das Schicksal des Menschen. Alle Wege gehen von ihm aus und führen zu ihm zurück. Gott ist nur der Name einer Wegmarke.

Ich habe keine Grundsätze - aus Prinzip.

"Warum hast du die Schatzkammern bewachen lassen, wenn sie doch leer sind?", fragte der Räuber im Märchen den gefesselten Sultan. "Gerade weil sie leer sind, habe ich sie bewachen lassen", antwortete er.


7 Kommentare:

  1. Ist die Spiritualität eine Selbstlüge? Was ist in dem Menschen, das er sich an Glauben hält? Dass er sich unterwirft, dass er nicht hinterfragt oder wenn er doch hinterfragt, den Schmerz eines vermeintlichen Verlustes kaum ertragen kann? Ist es wirklich der Verlust des Glaubens, der Spiritualität oder nicht vielmehr der Verlust von Identität mit dem großen Wesen der Gemeinsamkeit? Des Gleichklangs, der Harmonie mit anderen? So fremd sie einem erscheinen, so sicher sind wir in dem Glauben des anderen? Ist es eine Art, den anderen als ungefährlich zu empfinden? Als zugehörig zu etwas, dessen Teil auch ich bin? So viele Fragen und keine Antwort war mir Antwort genug. Als ob auch ich irgendwo an das EINE glauben wolle.

    Es ist wunderbar, welche Gedanken Deine Zeilen in mir freisetzen. wunderbar, endlich wieder an Grenzen zu stoßen.

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  2. Wenn es mir gelungen ist, deine Gedankenproduktion ein wenig zu stimulieren, bin ich zufrieden ;) Ich könnte ja zu einer deiner Fragen etwas schreiben, wenn du magst.

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  3. Aber sehr gerne. Es wäre mir eine Freude, denn zu selten finden Gespräche derartigen Themas statt. Vielleicht finde ich dann auch eine Antwot, die mir Antwort genug ist? Zumindest für eine Weile.

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  4. Hast du eigentlich mal darüber nachgedacht, ein Buch zu schreiben? Und Susanna kann ich mich da einfach nur anschließen: inspirierend ohnes gleichen.

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  5. Ich fühle mich in diesem Medium eigentlich ganz wohl. Ein Buch kostet Geld und lässt sich nicht so ohne weiteres kommentieren.

    Susanna, dann schreibe ich etwas über "das Eine", denn wenn ich über "das Eine" schreibe, sind ja im Grunde alle anderen Fragen mitbeantwortet ;)

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  6. Jetzt musste ich laut lachen. Danke und ich freu mich drauf!

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