Samstag, 24. September 2011

Das Schweigen der Welt

Einmal wird kein Mensch mehr sein, wird ein Wind über diese Städte hinstreichen, sacht, zärtlich, unerwidert, einmal, wenn die Erlösungsschreie verschallt sein werden. Ich warte, dass die Zeit aufhört. Um mich rauschen die Blätter, als wollten sie mich zum Abschied ermuntern.

Einfach da sein, herumliegen und seine Materialität genießen. Aus dem Fenster schauen, träumen und sich von der Sonne konsumieren lassen. Nicht lächeln, weiter ein Leben schauspielern, das ich ohnehin niemals geführt habe, nur da sein, einfach da sein, breit, stinkend, wahr. Nicht mehr reden, sondern ganz taub werden für die Bedeutung der Worte. Es gibt nichts mehr zu bedeuten. Ich bin das Schweigen der Welt.

Montag, 12. September 2011

Falling Man

Sie sind misstrauisch geworden. Ihr Vertrauen in die Menschen ist ausgelöscht, auch wenn sie Gegenteiliges behaupten. Schreiend blickten sie in den Abgrund, indem sie in die Höhe blickten. Die brennenden Türme ließen sie spüren, was es heißt, gehasst zu werden, vom Blick des Bösen aufgefressen zu werden. Gern hören sie auf die Reden der Psychologen, Soziologen und Politiker, denn diese suchen Ursachen, ringen um Fasslichkeiten und versuchen, zu handeln. Die Psychologie beruhigt, indem sie suggeriert, dass alle Menschen im Grunde gleich begehrten, manche jedoch vom rechten, allseits förderlichen Weg abgekommen seien. Sie erklären das Böse zu einer Krankheit, einem Irrtum seelischer Kräfte. Doch dies erklärt nichts, verschleiert nur die eine, unerträgliche Erkenntnis, dass Menschen einander so fremd anblicken können. Deine Freundlichkeit, Beweglichkeit, Attraktivität, Intellektualität, deine Träume und deine Fähigkeit, zu verzeihen sind hier nicht gefragt, ja: du bist hier nicht gefragt. Die Hitze zerdrückt deinen Schädel, der Rauch wird dich vergiften - es sei denn, du springst. Du weißt, es ist vorbei. Deine Zukunft ist ausradiert, du bist ausradiert, diese ganze Welt, wie du sie gesehen hast, wird mit dir untergehen. Immer sagtest du, man dürfe nicht aufgeben. Jetzt erst hast du erkannt, was Verzweiflung, was Einsamkeit, was das Böse eigentlich ist - und verstummst. Ein letztes Mal hebst du deinen Kopf, um das Blau des Septemberhimmels zu sehen. Du willst, aber du kannst nicht beten, deshalb suchen deine tränenden Augen die Sonne, bis dir aufdämmert, dass dir nie wieder ein Licht leuchten kann, denn nicht nur die Türme, dein Herz ist verwundet. Noch einmal dieses Blau sehen, seinen Zynismus fühlen, verzweifeln, dann fallen wie eine reife Frucht, das ist kein eigentlicher Sprung, das ist Schwerkraft, reiner, ziehender Abgrund.

Dienstag, 6. September 2011

Der Kampf eines Sommers

Es kommt nur darauf an, unversöhnt zu sterben. Keine dieser Wunden wird jemals verheilen.

Die Phantasie ist wie ein tiefes Wasser: Eben noch fürchtetest du, du könntest untergehen und miedest die Tiefe. Doch nur ein Schritt wars und dein Fuß verformte sich zur Flosse. Und nun als Fisch fragst du fröhlich, wie du es "da draußen" nur solange hast aushalten können. Doch auch diese Fröhlichkeit und selbst dieses Herz noch sind nicht bei sich, nicht festgezurrt, können jederzeit fortfliegen wie Vögel. Und werden es tun.