Donnerstag, 28. Februar 2013

Besserung

Wenn eine Besserung überhaupt möglich ist, dann nur dadurch, dass man sich eingesteht, wie abhängig man eigentlich von anderen ist. Deshalb muss die Botschaft vom Tod Gottes immer wieder erneuert werden. Denn jeder Glaube - er drücke sich aus, worin er will - erzeugt die Illusion, es gebe etwas, das einen substantiellen nicht-menschlichen Halt bieten könnte. Aber selbst der tiefste Glaube vermag das Herz nicht so stark zu bewegen, wie das verletzende Wort eines Menschen, den man liebt. Machen wir uns nichts vor: Wir sind aufeinander angewiesen.

So stehen wir schutzlos unter einem Himmel, der sein Geheimnis verloren hat. Die Sterne leuchten über uns. In der Ferne glitzern die Lichter der Stadt. Sie bedeuten nichts. "Das Leben muss unglaublich schwierig sein, so ohne jede metaphysische Notbehausung", sagst du, während sich dein verträumter Blick in der Nacht verliert. ich muss lachen. "Du bist meine Metaphysik."

Dienstag, 26. Februar 2013

Ja, nichts

Denkst du etwas, weil du es denken musst, um zu funktionieren, oder weil du es als das Angemessene erkannt hast? Es ist kein Zeichen von Weisheit, sich in die eigene Abstumpfung zu ergeben. Sätze wie "Das Leben ist eben hart" enthalten nichts außer das Bekenntnis der Unfähigkeit, das eigene Leben zu gestalten.

In Notzeiten muss sich die Seele auch von einem gespielten Lächeln ernähren können. Wenn sie zu wählerisch wird, verhungert sie.

Ich könnte mir eine ethische Maxime wie diese vorstellen: Nimm dir Zeit, über dein Leben nachzudenken! Man würde auf die Frage, ob man schon etwas vorhabe, antworten: Ja, nichts.

Ob man einen Menschen für gut oder schlecht hält; beides ist Wahn. "Das hätte ich nie von der erwartet!" - "Und ich hätte nie gedacht, dass du mich auf so klägliche Weise fälschen würdest."

Nicht das ruhige Wasser des Heimathafens bewegt mein Herz, sondern die Aussicht, neue Meere und Welten zu schauen. Was einmal meine Heimat heißen wird, kann ich jetzt noch nicht einmal erahnen.

Man müsste jedem Menschen so begegenen, als ob er der einzig Überlebende einer großen Katastrophe wäre.

Wer seine Gefühle beachtet, ist viel weniger angreifbar als jemand, der sie zulässt. Wenn ich es wage, mich selber zu kennen, was könnte mich dann noch verletzen? Was könnte man mir dann noch Böses sagen?

Montag, 11. Februar 2013

Grobmaschiges

Tiefdenkende Menschen kommen sich im Verkehr mit anderen als Komödianten vor, weil sie sich da, um verstanden zu werden, immer erst eine Oberfläche anheucheln müssen. (Nietzsche)

Damit zwei Menschen einander verstehen können, müssen sie sich zunächst aufeinander abstimmen und eine gemeinsame Sprache finden. Wenn die beiden sich noch nicht kennen, werden sie sich hüten, zu viel voneinander abzuverlangen, vielmehr zunächst einmal über Kleinigkeiten reden. Über Dinge, zu denen jeder der beiden leicht einen Zugang findet, zum Beispiel das Wetter, Filme oder ein aktuelles Ereignis aus Politik oder Sport. Menschen, die viel zu schenken haben, die es lieben, sich auszudrücken, zu entwickeln und alle ihre schöpferischen Kräfte ins Leben zu übersetzen, werden schnell darauf drängen, diese erste Stufe hinter sich zu lassen. Denn es schmerzt sie im Grunde, nur zu kommentieren, was in der Welt vorgeht; jede bloß konsumistische Haltung gegenüber dem Leben ist ihnen zuwider. Sie können nur verstehen, was sie selbst tun, fühlen, erleben. Es fällt ihnen oft schwer, die Ironie zu verbergen, mit der sie über Dinge sprechen, die das Interesse anderer so lebhaft erregt. Leider beschäftigen sich die meisten Menschen damit, ihren Ernst auf Dinge zu konzentrieren, die sie selbst gar nicht beeinflussen können. Gleich dem Mond begnügen sie sich damit, empfangenes Licht zu reflektieren, anstatt selber zu leuchten.

Es sind dies keine besonderen Menschen, über die ich hier schreibe, nicht einmal sonderlich "tiefdenkende" Menschen, wie Nietzsche sie nennt, sondern vielmehr solche, die das Leben ernstnehmen und deshalb den Gedanken, ihre kurze Erdenzeit ungenutzt dahinstreichen zu lassen, nicht ertragen können. Sie inspirieren und schenken Kraft, wo immer sie auftauchen. Diese Inspiration zu erleben, ist etwas Wundervolles. Es wäre eine Grobmaschigkeit des Herzens, die Schönheit und Güte, die jene Inspiration erahnen lässt, als kurzweilige Spielerei abzutun, als Phantasterei, als etwas, das mit dem wahren Leben nichts zu tun hätte. Denn das wahre Leben wird genau das sein, was wir aus ihm machen. Dies ist keine verträumte Sonntagssicht. Wer das behauptet, mag sein Leben weiterhin als Sklave fristen und sich mit seinesgleichen verbünden, um jene für irrsinnig zu erklären, die an die Möglichkeit ungeteilten menschlichen Glücks glauben. Nichts fürchtet der Sklave so sehr wie die Erkenntnis, dass er niemals ein Sklave hätte sein müssen.

Dienstag, 5. Februar 2013

Seit ich dich kenne

Seit ich dich kenne, fühle ich mich himmelhoch hinausgeschleudert über alles, was ich bis dahin für mein Glück gehalten habe. Seit ich dich kenne, kann ich meinen Ernst nicht mehr ernst nehmen. Seit ich dich kenne, frage ich mich, wie ich nur habe leben können, ohne dich zu kennen. Bist du nur der Lichtpunkt über einer langgespannten Einsamkeit? Ein ferner Stern, zu weit entfernt, um ihn zu erreichen? Oder bist du eine Flamme, ein junges Feuer, das sich begierig durch alle Herzen hindurchfrisst, um nichts als die Kohlen seiner Liebe zu hinterlassen? Verzeih' dem Dichter, den du aus mir gemacht hast, seine schiefen Metaphern ...