Montag, 1. April 2013

Zwangskontemplation

Im Grunde ist es Wahnsinn, über etwas nachzudenken, dass man nicht beeinflussen kann. Denn damit ist schon a priori klar, dass das, was man denken wird, wirkungslos verpuffen wird. Es ist so, als wollte man in einer Gefängniszelle einen Marathon laufen. Das klingt idiotisch. Aber genau das tut die erdrückende Majorität der Menschen (zu der ich mich in vielerlei Hinsicht rechnen muss). Sich mit etwas zu beschäftigen, das man allenfalls kommentieren, nicht aber verändern kann, erzeugt unweigerlich das Gefühl von Ohnmacht. Die Medien produzieren diese Ohnmacht, indem sie über Ereignisse berichten, die entweder Angst, Wut oder Mitleid beim Konsumenten erzeugen, ohne ihm eine Möglichkeit aufzuzeigen, auf diese Ereignisse auf eine menschliche Weise zu antworten. Er fühlt sich ohnmächtig, weil er seine Gefühle nicht teilen kann, weil er, könnte man sagen, auf ihnen sitzenbleibt. Endlich kommt er zu dem Schluss, dass es auf der Welt tatsächlich grausam und rücksichtslos zugeht. Mit anderen Worten, er erkennt das, was die Medien ihm zeigen, als Realität an. Auf den Gedanken, dass sein undisziplinierter Medienkonsum erst zu dieser "Realität" geführt haben könnte, kommt er nicht. Vielleicht wird er sogar mit einem bösen Blick auf jene schauen, die sich all die schlechten Nachrichten nicht so zu Herzen nehmen wie er. Vielleicht wird er sie als politisch ungebildet und ignorant abqualifizieren. Denn zur Realität gehöre nun mal, dass man sich der harten Wahrheit stelle, dass man als informierter, aufgeklärter Mensch nur ein Pessimist sein könne, also jemand, dem die Ohnmacht längst zur zweiten Natur geworden ist.

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