Sonntag, 27. Januar 2013

Überunterirdisches

Es gehört auch zur Menschlichkeit, religiöse Gefühle zu verletzen. Die Welt wäre heute ein besserer Ort, wenn in der Geschichte mehr religiöse Gefühle verletzt worden wären, wenn man, anstatt vor dem Heiligen zu verstummen, es in den Dreck gezogen hätte.

Wie hätte ein Gott, der es nicht einmal verträgt, dass man über ihn lacht, die Kraft aufbringen können, eine Welt zu schaffen?

Vielleicht funktioniert die Religion nur deshalb, weil Gott immer schon tot ist. Dass er niemals antwortet und die Gebete erhört, macht gerade seine Zuverlässigkeit aus. Gott ist in seinem Schweigen sehr konsequent, konsequenter als jeder Sterbliche jemals sein könnte. Man weiß, was man hat, wenn man die Hände faltet: ein konsequentes Nichts. Wenn es Gott wirklich gäbe und er also auch zu antworten vermöchte könnte er den Gläubigen widersprechen. Aber würden sie das Wort eines lebendigen Gottes akzeptieren? Wenn er den Gläubigen geböte, nicht mehr an ihn zu glauben? Könnten sie ihm folgen? Wäre sie dazu überhaupt in der Lage? Solange Gott schweigt, kann man aus seinem Schweigen heraushören, was immer man will. Was aber, wenn er mit einer Zunge spräche?

4 Kommentare:

  1. Mir hat dein Post gerade den Atem verschlagen. Du hast das "Problem", was ich mit Religion habe einmal aus einer anderen Perspektive betrachtet und so treffend auf den Punkt gebracht, dass ich da nichts mehr zu ergänzen habe!
    Deshalb frage ich einfach mal ganz dreist, ob ich deinen Text, natürlich mit Verweis auf deinen Blog und deine Urheberschaft, auch bei mir veröffentlichen darf?

    Viele Grüße,
    Pearl.

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  2. Kannst du machen, klar. Danke für deinen Kommentar, Pearl.

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    1. Vielen Dank! Dein Text wird dann vermutlich am Donnerstag auf meinem Blog erscheinen!

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  3. Wunderbar ausgedrückt.
    Tatsächlich wäre die Welt heute um einiges besser dran, wenn es bereits vor einigen Jahrtausenden Internet und Blogs gegeben hätte und die Menschen sich rein zufällig auf deinen Blog verirrt hätten, deine Weisheiten memorisiert und umgesetzt hätten.

    Bei dem letzten Abschnitt über den schweigenden Gott ist mir mein Teddybär eingefallen. Im Ernst. Ich liebe meinen Teddybär. Er hört mir immer zu. Widerspricht mir nicht. Und er sagt mir immer das, was ich von ihm gerade hören will.
    Kommt's da nicht auf's Gleiche raus?
    Irgendwie haben mein Teddybär und Gott erstaunlich viele Ähnlichkeiten. Nur dass sich noch nie jemand wegen meinem Teddybär bekriegt hat. Ausserdem erhebt mein Teddybär keine Machtansprüche auf Alleinherrschaft.

    Es ist leicht an einen Gott zu glauben, sich in die Hände des Schweigens fallen zu lassen. Viel leichter als selbst zu überleben. Sich einzugestehen, dass man selbst für sein Unglück verantwortlich war. Dass man die Lösung in sich selbst suchen sollte.

    Was solls. Ich bin sowieso längst der Meinung, dass wir alle in einer Matrix leben und es bloss noch nicht bemerkt haben. Guck mal an einem kalten Wintertag aus dem Fenster während du Bahn fährst und suche nach Gemeinsamkeiten und Unterschieden in den Personen, die an der nächsten Haltestelle aussteigen.
    Du wirst verstehen wovon ich rede.

    Toller Blog.


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