Mittwoch, 13. März 2013

Die Quelle

Ihr sucht einen Halt, irgendeinen Punkt, aus dem euch keiner mehr vertreiben kann? Ein System, aus dessen schattigen Winkeln heraus ihr beruhigt auf die Welt hinblicken könnt? Den festen Boden, das sichere Fundament, das himmlische Jerusalem auf Erden als Ergebnis eurer intellektuell geläuterten Arbeit? Eine wohlbegründete Position? Aber wie lange soll euer Standpunkt stehen? Für alle Zeiten? Seid ihr nach dem unwandelbar Wahren lüstern, danach, von Ewigkeit zu Ewigkeit Recht zu haben? Ahnt ihr es denn nicht, dass Geist heißt, auf dem Wege zu sein? Wenn ihr eine Antwort wollt, werdet ihr sie auch bekommen. Wer antwortete euch da aber, wenn nicht eure Ungeduld, auf eine Antwort zu warten? Und was erreichtet ihr, als bestenfalls ein neues Schmuckstück in die Armee eurer Krücken eingliedern zu können?

Es gibt keine Sicherheit ohne Güte und Praxis. Mit anderen Worten: durch das, was man ist, was man tut. Wollt ihr einem mit scharfem Strich gezeichneten Grundriss gleichen? Einem Unbewegten, Toten? Wollt ihr den Menschen eherne Routinen aufzwingen? Wollt ihr, das alle gleich denken, damit ihr nicht mehr zu fürchten braucht, etwas zu lernen? Liebt ihr es, euren Horizont mit Menschen zuzustellen, die euch nicht widersprechen? Aber Sicherheit besteht nicht darin, unangreifbar zu sein, sondern zu wissen, dass man angegriffen werden kann.

Solange ihr nach einem Fundament sucht, vermag euch ein Lachen zu vernichten. Wäre es nicht ungleich schöner, nach warmen Quellen zu suchen? Und wäre das schönste nicht, selbst eine solche Quelle zu werden, zu sprudeln und sich wohltuend zu ergießen, auf eine Weise gleich zu bleiben und sich doch beständig zu wandeln? Man denke etwa an einen buddhistischen Mönch, der seine Aufmerksamkeit einer kleinen Auswahl Sutren widmet, sie rezitiert und singt. Er liest sie jeden Tag. Tut er also jeden Tag dasselbe? Wäre er bloß ein Suchender, hätte er sein Büchlein schon lange beiseitegelegt. És hätte ihn gelangweilt. Auf seinem Gesicht liegt jedoch der Ausdruck von Dankbarkeit und Freude. Was ist hier geschehen?

1 Kommentar:

  1. Schneeglöckchen im Frost
    ein Lächeln
    in mir Sonne, so erschaff ich mich

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