Montag, 27. August 2012

Kleine Fabel

Der Mönch fegte den Hof, auf dem Languren spielten. Als er den Besen nach ihnen ausstreckte, um sie zu verscheuchen, versteckten sich die Tiere im Wald. Bis auf einen Languren, der sich eine papierne Krone aufgesetzt hatte und mitten auf dem Hof dalag, als ob ihm das Land gehörte.

Aus müde blinzelnden Augen sah er den Mönch auf sich zukommen. „Geh bitte aus dem Weg, damit ich fegen kann“, sagte der Mönch.
„Ich denke gar nicht daran“, erwiderte der Langur.
„Wenn du übermüdet bist oder auf deiner Unbeweglichkeit beharrst, werde ich dich wohl wegtragen müssen.“
„Auch der Wal ist unbeweglich, sobald er einmal gestrandet ist. Aber bedenke: Er ist der König der Meere.“
„Ja“, sagte der Mönch, „aber würdest du ernstlich behaupten wollen, dass die Wale so müde im Wasser hängen wie du?“
„Sieh dir den Tiger an“, sagte der Langur, „er ist das müdeste aller Tiere. Aber was tut er, wenn er einmal wach ist? Er herrscht über den Wald, und zwar uneingeschränkt. Müdigkeit muss nichts Schlechtes sein.“
„Du redest dich heraus. Mit diesen Vorzügen hast du nichts zu tun.“
„Auch die Menschen reden sich heraus. Aber weißt du was? Sie beherrschen alles Getier, lebe es nun im Meer, im Wald oder durchziehe es den Himmel“, sagte der Langur, als wollte er dem Mönch schmeicheln.

Der jedoch fasste seinen Besen, um in dem Affen herumzustochern. Augenblicklich schnellte der Langur hoch und flüchtete zu seinen Freunden, die schon die ganze Zeit hindurch lachend zugesehen hatten.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen