Sonntag, 8. Juli 2012

Die anderen Engel

Ich werde den Himmel stürmen, um den Engeln die Flügel auszureißen. Kein Traum mehr darf die Sehnsucht nach dieser Sphäre nähren. Die Menschen dürfen sich nicht in überirdische Flattertiere hineinträumen. Mit aller Härte und Grausamkeit müssen sie immer wieder daran erinnert werden, in was für einer Lage sie sich befinden und dass sie ihre einzige Rettung wiederum nur im Menschen finden können. Wie konnte es soweit kommen, dass sie gerade dies vergaßen? Es gibt noch andere Engel. Ich werde sie euch zeigen.

In nicht allzu ferner Zukunft wird ein Netzarchäologe mein Konvulut finden und als Quelle in seiner Abschlussarbeit verwenden. Ich werde als Beispiel für einen desorientierten, psychisch-verwilderten jungen Erwachsenen zu Beginn des 21. Jahrhunderts herhalten müssen. Nun gut, besser als gar keine Rezeption. Er wird meine Zeilen lesen wie ein Arzt, ohne jede Rührung, brütend bloß über der Frage, wie meine Persönlichkeitsstörung zu klassifizieren sei. Das würde mich allerdings auch interessieren. Obwohl ich die Psychatrie als menschenverachtend ablehne. Ich bin ein denkendes Ding, res cogitans, wie Descartes, zwar nur ein Schilfrohr, aber ein denkendes Schilfrohr, wie Pascal gesagt hat. Er bezog diesen Satz auf den Menschen; und ich beziehe ihn auf mich, denn ich bin ein Mensch, auch ein Mensch, genau wie ihr, ohne Abstriche. Ich interpretiere mein Menschsein eben anders. Um meine Gedanken widerlegen zu können, muss man sie zuallererst verstanden haben; es genügt nicht, blasiert anzumerken, dass hier etwas faul sei. Was geht mich eure geistige Sterilität an? Euer Mangel an Phantasie, an Intelligenz? Ich werde mit lachender Bosheit den Satz niederschreiben, dass ich das wiedererstandene Herz Robbespierres sei, um mich daran zu ergötzen, eure anerkannt-seriösen Gehirne wie betrunkene Ratten im Labyrinth herumtorkeln zu sehen.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen